- BLICKPUNKT AFGHANISTAN -

Eindringlich und anschaulich hat Reinhard Erös in der Turnhalle des Berufskollegs in Ahaus über seine Erfahrungen mit den Paschtunen in Afghanistan berichtet.   Foto: BWV Ahaus

"Arbeit in der Vorhölle"

Reinhard Erös gewährt Schülern des Berufskollegs Einblick in afghanischen Alltag

Zwischen Gastfreundschaft und Vorhölle - der Gründer der Kinderhilfe Afghanistan, Dr. Reinhard Erös, hat vor Schülern des Berufskollegs Wirtschaft über seine widersprüchlichen Erfahrungen in Afghanistan berichtet.

Zustande gekommen ist der Vortrag auf Initiative der Ahauser Schüler. Mit Karl Peters, Lehrer des Berufskollegs, hatten zwei Schüler einem Vortrag Erös' anlässlich eines Spendenlaufs in Münster beigewohnt, an dem auch 50 Schüler aus Ahaus teilnahmen. Anschließend nahmen sie Kontakt zu Erös auf. Der Vortrag hatte sie so beeindruckt, dass im kommenden Jahr ein Spendenlauf in Ahaus stattfinden soll, berichtet Katharina Große-Schwiep von der Schülervertretung und erklärt: "Uns ist deutlich geworden, was dort abgeht - da hatten wir einfach das Bedürfnis, was zu tun." Was "abgeht", hat Erös auch in dem Vortrag der Turnhalle des Berufskollegs eindringlich geschildert. Erös baut im als hochgefährlich eingestuften Reich der Paschtunen im Osten und Südosten Afghanistans Schulen für afghanische Kinder und betreut die Einwohner medizinisch.

Wenn er von Afghanistan berichtet, dann spricht er mit großem Respekt von der Gastfreundschaft und der Zähigkeit der Afghanen - und er spricht von der Brutalität und Grausamkeit: "Arbeiten in Afghanistan ist Arbeiten in der Vorhölle." Auf die Frage, woher sein Engagement "in der Vorhölle" rührt, hat Erös eine bemerkenswerte Antwort parat: "Wieviel man in den Ländern leisten kann, ist so ein Faszinosum, dass man nicht davon loskommt."

"Wir wollen den Koranschulen der Taliban im Krisengebiet richtige Schulen entgegensetzen."
REINHARD ERÖS

Zu seinem Ziel erklärt Erös, er wolle der Erziehung der Afghanen durch die Taliban mit seinen Schulen begegnen. Die Ausbildung in Koranschulen würden Afghanen selbst kritisch sehen: "Dass man in Koranschulen nur den Koran lernt und höchstens Imam werden kann, wissen die. Bei uns werden zukunftsträchtige Kurse wie etwa im Web-Design angeboten."

Der Erfolg gibt ihm Recht: "Wenn ich kommende Woche zurück gehe, werden wieder 20 Bürgermeister fragen, ob ich ihnen nicht auch eine Deutsche Schule bauen kann." Was er über das Engagement der Ahauser Schüler für sein Projekt denke, beantwortet Erös mit einem einfachen: "Nichts." Er denke nicht, er empfinde einfach tiefe Dankbarkeit. - fin


Kinderhilfe Afghanistan

Die Stiftung "Kinderhilfe Afghanistan" von Reinhard Erös finanziert sich ausschließlich aus Spenden. Dabei komme jeder Cent tatsächlich den Bedürftigen zugute, Verwaltungsaufwand gebe es nicht, so Erös, der mit seiner Familie und ehrenamtlichen Mitarbeitern die Organisation trägt. Die erste der so genannten Friedensschulen, die im Rahmen des Projektes gegründet wurden, entstand bereits 1998, noch unter dem Regime der Taliban. In vier Jahren wurden dort mehr als 1000 Jungen und Mädchen unterrichtet. Inzwischen sind es insgesamt 16 Friedensschulen für insgesamt ca. 45 000 Kinder. Außer den Friedens-Schulen unterhält die Stiftung Computer-Klassen, Werkstätten für Solaranlagen, ein Waisenhaus, eine Gesundheitsstation sowie eine Mutter-Kind Klinik.

Über 1700 afghanische Lehrerinnen und Lehrer, Ingenieure, Maurer, Bauhelfer, Ärztinnen und Ärzte, Hebammen und andere Helfer erhalten durch die Kinderhilfe Afghanistan ein regelmäßiges Einkommen.

Zur Person

Reinhard Erös' Engagement in Afghanistan begann schon früh. 1986 ließ er sich ohne Bezüge vom Dienst als Oberstarzt der Bundeswehr freistellen, um. von Peschawar in Pakistan aus medizinische Hilfe im Gebiet der Paschtunen im Osten Afghanistans zu leisten. 1988 zog er samt Familie für drei Jahre nach Pakistan. 1998 gründete er die Stiftung "Kinderhilfe Afghanistan".

» www.kinderhilfe-afghanistan.de


Quelle: Münsterland-Zeitung, 2007-02-08



Karl Peters - Dr. Reinhard Erös - Schulleiter Wolfgang Reinert


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