Gruppentraining in der Handelsschule

Planspiel Euro Energy


1. Situation in der Handelsschule

Ein aktueller Erfahrungsbericht beschreibt die Situation an unseren Berufsfachschulen, die von vielen Lehrern beklagt wird: "Die sich für den Besuch der Handelsschule entscheidenden Schüler verfügen in wachsender Zahl über nur sehr geringe oder keine Schlüsselqualifikationen. Sie haben eine schwach ausgeprägte Lernbereitschaft. Die Lernfähigkeit ist sehr unterschiedlich, häufig nicht den Anforderungen genügend. Desinteresse und eine besorgniserregende Orientierungslosigkeit sind in vielen Fällen feststellbar. Die Zahl der ausländischen Schüler mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen nimmt zu und bestimmt in zunehmenden Maße das Bild der Handelsschule. Bei ihnen sind sehr oft Verhaltensauffälligkeiten zu bemerken, die auf das Lerngruppenklima einen ungünstigen Einfluß haben. Immer mehr Aussiedlerschüler stoßen mit sprachlichen Schwierigkeiten dazu und vergrößern die Heterogenität dieser Lerngruppen. Die Vermittlung einer erweiterten Allgemeinbildung und einer beruflichen Grundbildung als zentrales Anliegen dieser berufsvorbereitenden Schulform ist trotz eines handlungsorientierten Unterrichtsansatzes auf Grund der beschriebenen Sachverhalte äußerst schwierig." 1

2. Eingeleitete Maßnahmen an dem Berufskolleg Wirtschaft & Verwaltung Ahaus

Vor diesen Hintergrund hat die Bildungsgangkonferenz Handelsschule des Berufskollegs Wirtschaft & Verwaltung Ahaus in den letzten Jahren zahlreiche Innovationen eingeführt. Dazu gehören insbesondere eine fächerübergreifende Einführungswoche, in der vor allem eine angenehme Lernathmosphäre gefördert werden soll und Arbeitstechniken erarbeitet werden, verschiedene fächerübergreifende Handlungslernsitutionen, teilweise mit Feldstudien und Betriebserkundungen, die durch ihren problemorientierten Ansatz zum einen die Motivation und zum anderen die Handlungskompetenz der Schüler fördern, Gruppentrainingstage, von denen einer hier näher beschrieben wird, ein in der Oberstufe plaziertes Betriebspraktikum und ein darauf abgestimmtes Curriculum, das den Schülern den Eintritt in das Berufsleben erleichtern soll.

3. Begründung für die Gruppentrainingstage

Die Idee, Gruppentrainingstage einzuführen, entstand vor folgendem Hintergrund: Handlungsorientierter Unterricht kann ohne die Bereitschaft der Schüler zur Leistung und Zusammenarbeit nicht funktionieren. Gruppenpsychologische Untersuchungen haben bewiesen, daß diese Bereitschaft durch ein möglichst dichtes Kommunikationsnetz innerhalb der Lern- bzw. Arbeitsgemeinschaft gefördert wird. Gerade daran mangelt es aber häufig in den Handelsschulklassen, in denen verstärkt Cliquenbildungen, egoistisches und intolerantes Verhalten beobachtet werden können. Grundlegende emotionale Bedürfnisse nach menschlichem Kontakt in der Klasse werden so nicht erfüllt und wirken sich leistungshemmend aus. Durch die verschiedenen Formen des "Gruppentrainings" sollten daher die Zufriedenheit in der Klasse und die Motivation zur Zusammenarbeit gefördert werden. "Langfristig wird sich diese Zufriedenheit auch auf die Arbeitsergebnisse auswirken, besonders wenn es um die Bewältigung schwieriger und ungewohnter Aufgaben geht. Selbständiges Denken läßt sich eben nicht verordnen."2

4. Konzept

Gruppentraining steht also im Vordergrund des Planspiels. Drei Lehrer unserer Schule, Marie-Theres Elling-Stücker, Walter Bomers und Ulrich Kipp, haben es von dem Managementtrainingsplanspiel "Energy International" abgeleitet und auf die Verständnisebene von Handelsschülern gebracht.
Bei dem Planspiel geht es um eine Bewerberauswahl. Die Gruppe hat sich getroffen, um aus sieben Bewerbern den "Richtigen" für unser Unternehmen Euro Energy auszuwählen.
Die beteiligten SchülerInnen sollen im Vorfeld nicht über den Inhalt von EURO ENERGY informiert sein, damit der Clou des Spiels nicht verloren geht. Daher werden an dieser Stelle keine näheren Einzelheiten zu Ablauf, Spielvarianten, Arbeits- und Informationsblätter veröffentlicht.
Interessierte Leser werden auf folgenden Fachaufsatz hingewiesen:
Zeitschrift Wirtschaft und Gesellschaft im Beruf 6/97, Seite 262-266
Walter Bomers, Gruppentraining in der Handelsschule.

5. Erfahrungen

"Euro Energy" wurde mehrmals erfolgreich an dem Berufskolleg Wirtschaft & Verwaltung Ahaus eingesetzt. Sowohl SchülerInnen als auch LehrerInnen sind von dieser "interessanten Abwechslung mit Aha-Erlebnis" (Zitat Schüler) überzeugt.

Da eine Teilnehmerzahl über 14 sich als ungünstig erwiesen hat, haben wir die Klassen an den Trainingstagen in zwei Großgruppen getrennt: Jeweils die andere Hälfte hat in der Zeit weitere gruppendynamische Spiele bzw. Übungen, wie z.B. das bekannte NASA-Spiel, durchgeführt. Dabei ist natürlich zu gewährleisten, daß die beteiligten Schüler sich gegenseitig nichts von den Inhalten der anderen Gruppe verraten, da ansonsten deren Spannung verloren ginge.

6. Literatur

1. Projektteam Betriebspraktikum des Berufskollegs Wirtschaft & Verwaltung Ahaus: Sachlicher Bericht über den Schulversuch
Betriebspraktikum für SchülerInnen der zweijährigen Berufsfachschule (Handelsschule) im Schuljahr 1995/96,
Ahaus 1997, Seite 1.

2. Kirsten/Müller-Schwarz: Gruppen Training, Reinbek bei Hamburg 1988, Seite 116.

3. Zeitschrift Wirtschaft und Gesellschaft im Beruf 6/97, Seite 262-266
Walter Bomers, Gruppentraining in der Handelsschule.


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