2.5 Die Politik der Wiedervereinigung
In den siebziger und achtziger Jahren schien eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten - Bundesrepublik Deutschland (BRD) und Deutsche Demokratische Republik (DDR) - nicht in Sicht. Im Gegenteil, die Sowjetunion, die mit ihrer massiven Aufrüstung und dem Ausrichten ihrer Mittel-streckenraketen Richtung Europa, Westeuropa unmittelbar bedrohte und dem Westen ihre Überle-genheit demonstrierte, zwang die NATO - ein Verteidigungsbündnis von Europäern und Amerikanern-
1979 zu dem historischen Doppelbeschluß. Dieser beinhaltete, daß im westlichen Europa so lange ebenfalls Mittelstreckenraketen mit der Zielausrichtung Sowjetunion aufgestellt wurden und nicht eher entfernt werden würden, bis die Sowjets ihre Raketen entfernen würden. Der Ernst der westlichen Drohung an den Osten wurde durch die Nichtteilnahme vieler westlicher Nationen an den Olympischen Spielen 1980 in Moskau betont. Die Amerikaner - unter ihrem damaligen Präsidenten Reagan - erhöhten den Druck auf die Sowjetunion zusätzlich durch ein gewaltiges Aufrüstungspro-gramm, wobei wohl das strategische SDI-Programm besondere Bedeutung hatte. Die Sowjets gaben auf, denn sie hatten nicht die finanziellen Ressourcen der USA und waren somit dem Wahnsinnswettlauf mit der amerikanischen Aufrüstung nicht gewachsen.
Gorbatschow blieb somit 1985 nichts anderes übrig, als sich Abrüstungsgesprächen zu öffnen. Dies und die Veränderung der Politik der Stärke zur Politik der Annäherung durch Wandel , möglich unter der SPD-F.D.P. Regierung unter Willy Brandt, schufen Erleichterungen im Umgang BRD und DDR, Man hoffte durch die Anerkennung der DDR auf Erleichterungen im Umgang mit einander, an Wiedervereinigung war dennoch nicht zu denken, zumal das Bündnis zwischen SPD und F.D.P. 1982 zerbrach. Der Status quo war also nicht überwunden, im Gegenteil die DDR verschärfte das politische Strafrecht und Leute, die sich in der DDR gegen das Regime erhoben, wurden ausgebürgert und außer Landes verwiesen. Auch in der BRD, wo man sich sichtlich mühte, das Bewußtsein vor allem bei jungen Menschen zu schärfen, konnte trotz eines Beschlusses der Kultusministerien, die Schulen in die Pflicht zu nehmen, "die deutsche Frage im Unterricht" zu behandeln, wenig verändert werden. Eine Wiedervereinigung beider deutschen Staaten zu einem Staat schien utopisch.
Je nach parteipolitischer Couleur wurde mehr oder weniger am Gedanken der Wiedervereinigung festgehalten. Dabei stand wohl im Vordergrund zu hoffen, daß es im Rahmen einer europäischen Gesamtkonzeption zur Einigung unter einem gemeinsamen Dach, dem der Europäischen Union (EU), kommen würde. Vor allem der SPD Kanzler Schmidt hatte dies als konkretes Fernziel vor Augen. Es war ihm so wichtig, daß er trotz des Bruches der sozial-liberalen Koalition 1982 und trotz der Ablösung durch Helmut Kohl, weiterhin bei jeder Gelegenheit das Festhalten an diesem Ziel anmahnte.
Auch die Kohl-Regierung (CDU und F.D.P.) hielt an der Zusammenführung beider deutschen Staaten fest und setzte auf eine Politik des Dialoges, des Ausgleiches und der Zusammenarbeit". Hinzukam, daß Kohl betonte, man müsse auch den "Willen der deutschen Nation zur Einheit" unterstützen, fördern und immer wieder deutlich in der Politik aufzeigen. Durch diese Forderung Kohls und der Forderung Genschers (Außenminister) nach dem Selbstbestimmungsrecht aller Deutschen wurde der Wunsch einer Wiedervereinigung zumindest wieder deutlicher und intensiver in die Öffentlichkeit getragen. Doch realistisch schien das nicht zu sein, denn ein Dämpfer erhielt dieser Wunsch Schmidts, Kohls und Genschers durch die Thesen zur Deutschlandpolitik der damaligen Opposition, der SPD - Bundestagsfraktion, 1984. Diese Thesen vertraten zwar, daß man am Selbstbestimmungs-recht festhalten wolle, die Anerkennung der Teilung beider Staaten jedoch als Grundvoraussetzung zu einer sinnvollen Entspannungspolitik ansah und damit forderte. Drei wesentliche Gesichtspunkte führten zu diesen Überlegungen der SPD:
* Ohne eine Anerkennung der Teilung beider deutschen Staaten ist eine erfolgreiche Friedens-politik in Europa nicht möglich.
* Gute Entspannungspolitik beruht auf dem Gleichgewicht zwischen West und Ost. Eine Wiederver-einigung könnte dieses Gleichgewicht ins Wanken bringen.
* Ein besseres Leben für die Bürger der DDR scheint nur erreichbar, indem sich die DDR-Führung nicht durch Wiedervereinigungsstrategien in ihrer Macht bedroht fühlt.
Sicherlich waren einige dieser Gedanken eingängig und verständlich, zumal man sich so mit dem Status quo abfinden und die Diskussionen darüber ebenfalls ad acta legen konnte. Die Tatsache, daß es zwei Deutsche Staaten gebe, sei unveränderlich und man müsse dies anerkennen. Die SPD mußte sich den Vorwurf gefallen lassen, hier zu sehr auf die jeweiligen Machthaber beider deutschen
- 2 -
- 2 -
Staaten fixiert gewesen zu sein und den Wandel in der Bevölkerung beider Staaten, vor allem aber in der DDR, nicht bemerkt zu haben.
Neben diesen beiden unterschiedlichen Positionen der CDU/F.D.P. Regierung und der SPD Opposition gab es eine dritte Meinung. Sie wurde von einer Minderheit in der Friedensbewegung in die Diskussion gebracht, daß nämlich genau dieser Status quo und die Teilung Deutschlands keine Friedensgarantie sei, sondern das genaue Gegenteil bewirke. Dabei hielt man Kritikern dieser Theorie vor Augen, daß sich gerade der "kalte Krieg" von Ost und West hier im geteilten Deutschland am besten zeigen würde, weil sich in Ostdeutschland die hochgerüstete Sowjetkriegsmaschinerie und in Westdeutschland die noch stärker gerüstete USA-Kriegsmaschine befänden. Sofern es also zu einer wirklichen Auseinandersetzung kommen würde, wären beide deutsche Staaten das Opfer. Um das zu vermeiden, schlug diese Minderheit der Friedensbewegung ein konföderiertes, blockfreies, wieder-vereinigtes Deutschland vor. Diese Ansicht schmeckte europäisch denkenden Menschen wenig, weil ein Nationalismus dieser Art einem zukünftig vereinten Europa im Wege stand.
Nicht nur diese wenigen Punkte zeigen, wie unterschiedlich gedacht wurde. Auch der Streit um die zentrale Erfassungsstelle, eine Stelle, bei der zentral unter anderem alle Straftaten an der innerdeutschen Grenze und alle Unrechtsurteile und Menschenrechtsverletzungen der DDR festgehalten wurden, und 1988 die Verständigung der Grundwertekommission der SPD mit der Akademie der Gesellschaftswissenschaften der SED (Sozialitische Einheitspartei Deutschlands) trugen dazu bei, daß praktisch bis zur tatsächlichen Wiedervereinigung und Aufhebung des Status quo gestritten wurde.
Hätten die Oberen den Meinungsforschern, die Umfragen unter der westdeutschen Bevölkerung durchführten, mehr Gehör geschenkt, hätten sie wissen können, daß der Wunsch zur Wiederver-einigung in den achtziger Jahren erstaunlich gleichmäßig viele Befürworter fand. Nicht weniger als 80% haben im Jahr 1987 die Wiedervereinigung gewünscht, 16 % hatten keine eindeutige Meinung und nur 4 % lehnten eine Wiedervereinigung ab. Die Ansicht, daß sich beide Staaten zu einem zusammenfinden könnten, wurde allerdings nur von 3 % der ?efragten vertreten. Doch auch 1987 schien das Ziel, den Status quo zu beenden, immer noch unrealistisch.
Das Verhältnis Kohl zu Honecker, dem Staatsoberhaupt der DDR, war pragmatischer Natur. Das heißt, Kohl und Honecker klammerten alles aus, wo einer von beiden Terrain verloren hätte. Man konzentrierte sich auf solche Fragen, die praktisch lösbar waren. So war man sich einig über den innerdeutschen Handel, was für die DDR vor allem ökonomische Vorteile hatte. So erhielt die DDR beträchtliche Beträge durch die Transitpauschale, die Visa-Erstattungspauschale, die Ausgleichs-zahlungen an die DDR-Post und die Kostenbeteiligung bei Umwelt- und Verkehrsprojekten durch die Bundesregierung. Durch Zwangsumtausch, Intershops und Warenlieferungen flossen weitere Beträge an die DDR. Die BRD wurde für die DDR nach der UDSSR der zweitbeste Handelspartner. Umgekehrt, die BRD profitierte ökonomisch nicht davon, dafür erwartete die Bundesregierung andere Gegenleistungen. So wurden nach einer Bundesbürgschaft von einem 1 Milliarden Kredit an die DDR die Selbstschußanlagen an der innerdeutschen Grenze abgeschafft. Ferner gab es Erleichterungen für das Reisen von Rentnern, Politiker beider Seiten kommunizierten freier miteinander und Honecker schloß sich sogar den Abrüstungsbemühungen Kohls an. So verwunderte es nicht, daß im September 1987 Honecker zu einem Staatsbesuch in Bonn empfangen wurde. Diesen Besuch bewerteten nicht nur einige Deutsche, sondern auch das Ausland als Besiegelung von zwei deutschen Staaten.
Insider wußten jedoch bereits von den großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die die DDR hatte. Ebenso war bekannt, daß das Verhältnis der DDR zur Sowjetunion nicht mehr vom Konfrontations-kurs gegen den Westen geprägt war, denn auch Honecker hatte begriffen, daß bei einer Auseinander-setzung Ost und West beide deutschen Staaten die Verlierer sein würden, da Deutschland militärisch zum Hauptauseinandersetzungsort werden würde. Honecker setzte deshalb genau wie Kohl auf Verhandlungen, was ihm die Sowjets krumm nahmen, ja, sie sprachen von einer Kollaboration mit dem Klassenfeind. Der DDR blieb aber nichts anderes übrig, denn die Sowjets, selbst in massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten, konnten dem Verbündeten - DDR- nicht helfen. So dachte man bereits Ende 1988 über einen Staatenbund/Konföderation zwischen beiden deutschen Staaten in der DDR nach. Dies deuteten Insider als erstes Indiz zur Abwendung vom Status quo und zur Hinwendung zur Wiedervereinigung.
- 3 -
- 3 -
Die wirtschaftliche Lage - eine Art Dauerkrise - in der DDR und der reformwillige Gorbatschow, der 1985 zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) gewählt wurde, bereiteten eine günstige Konstellation, den Weg zur Einheit zu bereiten. Hinzukam, daß durch Gorbatschows "Perestroika" (radikaler Umbau von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat) andere Staaten in Osteuropa die Stunde gekommen sahen, sich vom "Übervater" Sowjetunion zu befreien und eigene Wege zu gehen. Vorreiter waren hier Ungarn und Polen, die zum Erstaunen des Westens von den Sowjets nicht mit Waffengewalt, wie beim Ungarn-Aufstand 1956 geschehen, gehindert wurden, sich aus dem sozialistischen Bündnis zu lösen. Eine weitere, den Westen irritierende Überraschung war, daß die Sowjets die Breschnew (ehemaliges UDSSR Staatsoberhaupt)-Doktrin außer Kraft setzten. Die Breschnew-Doktrin beinhaltete nämlich, daß jeder UDSSR-Satelittenstaat (Ungarn und Polen waren derartige Staaten) auch mit Gewalt an das sozialistische Lager zu binden sei. Beide Vorgänge - Perestroika und die Wirkungslosigkeit der einst kraftvollen Breschnew-Doktrin - leiteten rasante Ver-änderungen nicht nur in der Sowjetunion, sondern in ganz Osteuropa ein. Die Öffnung der ungarischen Grenzen zum Westen am 10. September 1989, die Flüchtlingsflut von DDR Bürgern in die Deutsche Botschaft in Prag und in die Botschaft in Warschau gepaart mit der Gewißheit, daß die Sowjetunion die kommunistische Diktatur der DDR militärisch nicht mehr schützen würde, leiteten den Zusammenbruch der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) Führung ein. Es fing damit an, daß Honecker sowohl im September wie auch im Oktober 1989 der Ausreise der Prager und Warschauer Botschaftsflüchtlinge zustimmte. Er hoffte, damit zu beweisen, daß er nach wie vor handlungsfähig und Herr der Lage war. Die Menschen der DDR ahnten ihre Chance. Vor dem 40. Jahrestag der DDR begannen die ersten großen friedlichen Demonstrationen. Sie setzten sich in den Montagsdemonstrationen in Leipzig fort, die am 9. Oktober 1989 ihren Höhepunkt mit 70 000 Demonstrationsteilnehmern hatte. Als auch diesen 70 000 keine militärische Gewalt angetan wurde, womit so recht niemand gerechnet hatte, nahm die friedliche Revolution in der DDR ihren Lauf. Der Druck auf Honecker wurde durch die großen Demonstrationen derart stark, daß das SED-Politbüro Honecker am 18. Oktober 1989 absetzte. Sein Nachfolger wurde Egon Krenz. Doch auch er konnte die Entwicklung nicht aufhalten. Es wurde weiter demonstriert, in den Städten und Gemeinden lösten sich die SED geführten Verwaltungen auf und runde Tische übernahmen das Regieren. Die Führung unter Krenz geriet weiterhin unter massiven Druck durch die eigenen Bürger/innen. So versuchte man durch ein eilig verabschiedetes Reisegesetz die Bürger, die den großen Wunsch hegten frei in der Welt reisen zu dürfen, zu beruhigen und zu befriedigen. Die SED Führung versprach sich davon wieder Ruhe und Ordnung und das Ausbleiben der Demonstrationen. Doch das war eine Fehlein-schätzung, denn die Bürger/innen sahen ihre Stunde gekommen, den Status quo der DDR zu beenden und mit dem anderen deutschen Staat ein Deutschland zu werden. Ihrem weiteren friedlichen Drängen durch Demonstrationen mußte die DDR-Spitze am 7. November 1989 weichen, die gesamte Regierung trat zurück. Am 9. November abends wurde durch ein Mitglied des SED-Politbüros das Inkrafttreten von sofortiger Reisefreiheit öffentlich gemacht. Nun gab es kein Halten mehr, Tausende von DDR-Bürgern/innen wollten noch an diesem Abend testen, ob es wirklich so war. Daraufhin war der Ansturm auf die wenigen Mauergrenzübergänge in Berlin so stark, daß ein Chaos entstand und die Volkspolizisten (VOPOS genannt) die Grenzübergänge öffneten. Noch in der Nacht fiel die Berliner Mauer. Heerscharen von Menschen strömten nach Westberlin und in den darauf folgenden Tagen auch nach Westdeutschland. Ein Begrüßungsgeld von 100 DM per Person sollte den ersten Kontakt mit Westdeutschland "versüßen". Dennoch war die Wiedervereinigung nicht geschafft, zumal Intellektuelle wie Stefan Heym (Schrifsteller), Christa Wolf (Schriftstellerin) und Pfarrer Schorlemer (evangelischer Pastor) mit dafür plädierten die DDR zu erhalten. Man wollte eine DDR schaffen, die politisch zwischen dem bisher praktizierten realen Sozialismus und dem west-deutschen Kapitalismus angesiedelt werden sollte.
Der Erhalt scheiterte, denn die Bevölkerungsmehrheit wollte mehr. Aus dem Ruf " Wir sind das Volk" wurde "Wir sind ein Volk". Auch die Mehrheit der westdeutschen Bevölkerung empfand ähnlich, obwohl z.B. in der SPD eine wiedervereinigungskritische, ja sogar eine wiedervereinigungsab-lehnende Haltung überwog. Positiv schlug zu Buche, daß die regierende CDU und F.D.P. unter Kanzler Kohl dem Ganzen wohlwollend gegenüber standen. Von geschichtlicher Bedeutung wird jedoch die Initiative des Bundeskanzlers Helmut Kohl sein, der als einziger die Gunst der Stunde für ein vereintes Deutschland sah. Er legte am 28. November 1989 dem Bundestag ein Zehn-Punkte-Programm zur Überwindung der Teilung Deutschlands vor. Ziel dieses Programms war eine Föderation. Sogar die wiedervereinigungskritische SPD stimmte diesem Zehn-Punkte-Programm zu,
- 4 -
- 4 -
obwohl der damalige Spitzenkandidat Lafontaine davor warnte, die Dinge nicht zu überstürzen. Lafontaine wollte die sozialen wie die materiellen Folgen einer Einheit bedacht wissen. Kohl hielt jedoch an der Wiedervereinigung fest, zumal er wohl die einmalige Chance erkannte, die sich Deutschland bot und diese auch wahrnahm. Sogar seine damaligen Gegner stimmen zu, daß Kohl, obwohl er selbst nicht genau wußte, wie es ausgehen würde, die Situation richtig erkannte und mit Mut die richtigen Schritte einleitete, die - wie uns allen bekannt - dann zur endgültigen Wiederver-einigung und zur Auflösung des Status quo der DDR geführt hatten.
Ein Bericht über den kalten Krieg in Berlin
Bis Ende September wurden ca. 2000 Menschen aus ihren Wohnungen in der Breslauer Str. vertrieben. Die zum Norden gelegenen Fenster und Hauseingänge wurden zugemauert. Die SED zeigte, dass es sehr wohl möglich ist, eine Großstadt in der Mitte zu trennen. Die Grenzhäuser wurden streng überwacht.
Die Fluchtversuche wurden immer gewagter, bei denen sogar die Feuerwehr mithalf.
Bis Ende des Jahres gab es noch letzte verzweifelte Fluchtversuchte, dann war die Straße dicht. Die Amerikaner hatten sich mit der Trennung abgefunden, bestanden jedoch auf ihr Recht, sich in Berlin uneingeschränkt bewegen zu dürfen. Der Osten, von den Sowjets eingenommen, versuchte jedoch dies zu unterbinden. Als im Oktober dem amerikanischen Diplomaten Alend Leiburg der Zugang nach Osten verhindert wurde, eskalierte die Situation und es bahnte sich ein Konflikt zwischen den Supermächten an. Jede Bewegung des Gegners wurde genau registriert und sofort an die Regierungen in Washington und Moskau weitergeleitet. An der Grenze entstand eine Paktsituation. 30 Amerikanische Panzer und 30 Sowjetische standen sich gegenüber. 16 Stunden dauerte es, bis die Entscheidung fiel und Krutschof seine Truppen zurückziehen lies. Kurz darauf zogen sich dann auch die Amerikaner zurück.
Von der Ostsee bis zum Thüringer Wald zog sich der eiserne Vorhang mit einer Länge von 400 Kilometern durch Deutschland. Wachtürme und Stacheldrahtzäune sollten der Sicherheit Deutschlands dienen. Auf 500 Meter breiten Schutzstreifen wurden Minen verlegt.
auch in Berlin wurde der Schutzwall weiter ausgebaut, doch viele Menschen aus dem Osten versuchten immer noch die Flucht über die Grenze.
Im November 1966 versuchten 5 Flüchtlinge in einem mit Stahlplatten und Beton gepanzerten Opel den streng gesicherten Grenzübergang an der Chausseestraße zu durchbrechen. An der Grenze galt Schießbefehl und die Flüchtlinge entkamen nur knapp. Weniger gefährlich, aber ungleich Schwieriger war der Weg in den Westen durch Tunnel, die von Fluchthelfern gegraben wurden. 29 Menschen entkamen auf diesem Weg in den Westen.
Die Befehlslage and den Grenzen war eindeutigdefiniert, Grenzdurchbrüche sind mit allen Mitteln zu verhindern. Entweder gefangen zu nehmen oder zu vernichten. Vernichten bedeutete die Glieder des Flüchtigen um soviel Prozent zu schwächen, bis er Fluchtunfähig ist.
Die Grenzsoldaten zielten gut. Im ersten Jahr starben 43 Menschen an der Mauer. Bis 1989 kamen an der innerdeutschen Grenze mindestens 417 Menschen ums leben, doch die regellose Anwendung der Schusswaffe und die Verlegung von Erd- und Splitterminen ruften international immer stärkere Proteste hervor. Bemüht ihr Ansehen in der Welt zu verbessern revidiert die DDR- Führung in der Mitte der 80īger Jahre den sogenannten Schießbefehl. Die Schusswaffe durfte nur noch zur Selbstverteidigung angewendet werden.
Das Gerücht, der Schießbefehl sei aufgehoben kursierte nun in der DDR- Bevölkerung. Im Februar 1989 riskierte ein 21 Jähriger Mann mit seinem Freund die Flucht. Er wurde erschossen, sein Freud schwer Verletzt und festgenommen. Der Schütze wurde für diese Tat für zwei Jahre Haft verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurden. Sein Regimentskommandeur hatte sich der Strafverfolgung durch Flucht entzogen.
Bislang wurden 9 Befehlsgeber von DDR- Grenzschützen zu Freiheitsstrafen bis zu 7 1/2 Jahren verurteilt.