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3.2 Der Zusammenbruch des SED-Regimes

Der Zusammenbruch des SED-Regimes bereitete sich langsam vor, durch die wachsenden ökonomischen Schwierigkeiten, die Reformdefizite der DDR, eine steigende Zahl von Ausreiseanträgen und die zunehmende Fluchtbewegung. Somit war Ende der achtziger Jahre die DDR kurz vor dem Kollaps, auch wenn viele dies nicht wahrhaben wollten.

Einen großen Anteil an dieser Zuspitzung hatte Ungarn, das schon seit den sechziger Jahren wegen seinen Wirtschaftsreformen eine Sonderrolle spielte und sich immer mehr dem Westen öffnete. Diese Reformen erreichten Anfang 1989 ein Stadium, indem eine offene- und enge Zusammenarbeit mit den westlichen Ländern angestrebt wurde. Dazu gehörte auch, das Ungarn versprach die UN-Menschenrechtskoventionen einzuhalten und diese nicht länger auf einseitige östliche Weise zu interpretieren.

Am 2.Mai 1989 begannen dann ungarische Soldaten mit dem Abbau der elektronischen Sicherungsanlagen und des Stacheldrahtverhaus an der Grenze zu Österreich, damit kündigte Ungarn die Solidarität zu den anderen Ostblockstaaten. Die Sorge der DDR Regierung, das nun Bürger der DDR über Ungarn in den Westen fliehen könnten, beschwichtigte Ungarn damit, das Flüchtlinge auch weiterhin an der Grenze aufgehalten würden. Allerdings sah die Realität anders aus, denn die Flüchtlingszahlen stiegen gewaltig an. Der Verfall des SED-Regimes war somit vorprogrammiert.

Dennoch hielt die SED-Führung an ihrem starren Kurs der Reformverweigerung fest, die sowohl die Manipulation der Kommunalwahlen vom 7.Mai 1989 enthielt, als auch die Unterstützung Chinas, das nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking am 4.Juni 1989, von fast allen anderen Ländern geächtet wurde.

Die Wahlen wurden zwar seit eh und je in der DDR manipuliert, doch dieses Mal wurde das von der Regierung bekanntgegebene Ergebnis von der Bevölkerung nicht mehr einfach so hingenommen, viele erhoben amtlich Einspruch, denn das innen- und außenpolitische Umfeld hatte sich verändert: Viele der wichtigsten ehemaligen Verbündeten der DDR befanden sich mittlerweile auf Reformkurs.

Auf Grund der Wahlmanipulation am 7.Mai wurden ab dem 7.Juni an jedem 7. des Monats Protestdemonstrationen als Erinnerung an die Manipulation der Kommunalwahl veranstaltet. Außerdem gab es ab dem 4.September jeden Montag die sogenannten "Montagsdemonstrationen" in denen Reise- und Versammlungsfreiheit gefordert wurden.

Hinzu kam noch, das allein im Sommer 1989 120000 einen Antrag auf Ausreise in die Bundesrepublik stellten und im Juli und August besetzten Hunderte, die die Geduld verloren hatten, die Westdeutsche Botschaft in Prag, um die Ausreise nach Westdeutschland zu erzwingen. Dieses gelang ihnen dann auch, und die Flüchtlinge durften in die Bundesrepublik ausreisen. Außerdem trafen nun täglich zwischen 100 und 200 Ostdeutsche in Aufnahmelagern ein, die über die offene Grenze zu Ungarn geflohen sind. Somit war der Verfall des SED-Regimes besiegelt und nicht aufzuhalten, was letztendlich auch die Führungsspitze der DDR einsehen mußte.

 

Sturz Honeckers

Nach den schweren Mißerfolgen während der Jahresfeierlichkeiten erörterte Egon Krenz mit Günter Schabowski am 8.10.1989 ein in Ansätzen kritisches Papier. Es sollte als Proklamation der SED veröffentlicht werden. Honecker aber lehnte ab. ER ließ aber breitschlagen und die Proklamation wurde im Politbüro beraten. Am 12.10.1989 wurde sie dann doch noch in "Neues Deutschland" abgedruckt. Allerdings war die erhoffte positive Resonanz ausgeblieben, der Versuch zur Wiederherstellung der Glaubwürdigkeit fehlgeschlagen. Nun war der Sturz Honeckers kaum mehr aufzuhalten, und nachdem aus Moskau keine Einwände gekommen waren, wurden Honecker, Mittag und Herrmann auf der nächsten Sitzung am 17.10.1989 von Stoph zum Rücktritt aufgefordert. Die Abstimmung war einstimmig, Honecker, Mittag und Herrmann votierten gegen sich selber.

Krenz und Modrow als Nachfolger

Einen Tag später wurde Krenz zum neuen Parteivorsitzenden gewählt. Daraufhin wurde er von den Delegierten zu einer Ansprache im Abendprogramm aufgefordert. Er sagte zu den Zuschauern das gleiche wie zuvor zu den ZK-Mitgliedern. Die Wirkung war verheerend: Er vermittelte das typische Negativimamge der alten SED-Elite, die er gerade gestürzt hatte. Außerdem war keines der Probleme, weswegen abgelöst worden war, gelöst. Krenz versprach Demonstrationen als Teil der politischen Kultur der DDR zu tolerieren, neue Reisegesetze entwerfen und verabschieden zu lassen, die Berichterstattung der Medien sollte sich ändern und am 27.10.1989 wurde eine Amnestie für Flüchtlinge und Demonstranten erlassen. Aber trotz dieser Versprechungen gingen die Proteste weiter. Als am 1.11.1989 Krenz und Gorbatschow zum erstenmal zusammentrafen war aber von einer Krise der DDR keine Rede, obwohl in der vergangenen Nacht wieder Tausende Menschen über die tschechoslowakische Grenze zur Botschaft der BRD und von dort nach Bonn flüchteten. Am Novemberanfang erreichten die Demonstrationen schließlich ihren Höhepunkt. In Leipzig, Halle, Chemnitz (Karl-Marx-Stadt) und Schwerin gingen über 600 000 Menschen auf die Straßen, worauf der Ministerrat und das Politbüro fast geschlossen zurücktraten. Sie wollten einer Führung von Anti-Honecker-Leuten (mit Krenz, Modrow und Schabowski) nicht im Weg stehen.

Der 9. November

Noch bevor Modrow am 13.11.1989 zum neuen Ministerpräsidenten gewählt wurde, waren in der ersten Novemberwoche über 225 000 Ostdeutsche in die BRD geflüchtet. Es mußte ein neues Reisegesetz her. Denn eins war klar: So konnte es nicht weitergehen. Zuvor war am 6.11.1989 ein neues Reisegesetz (es wurde bereits am 19.10.1989 von Stoph an Dickel in Auftrag gegeben) vorgestellt worden. Die Massen wurden sauer. Wieder demonstrierten einige Hunderttausende auf den Straßen und schrien: "Wir brauchen keine Gesetze - die Mauer muß weg!". Am 9.11.1989 wurden die neuen Bestimmungen verkündet. Sie besagten, daß jeder DDR-Bürger einen Antrag auf eine Auslandsreise ohne Vorbedingungen stellen konnte. Paß und Visum seien schnell und unbürokratisch von den Behörden auszustellen. Diese "Bestimmungen" waren aber noch gar nicht durch, sie mußten noch verabschiedet werden. Aber in der Nacht vom 9. zum 10.11.1989 standen schon Tausende vor den grenzen und wollten durch. Da der Fall der Mauer nicht mehr aufzuhalten war, beschlossen die Grenzposten die Menschen durchgehen zu lassen. Als Mielke und Krenz dies erfuhren reagierten sie nicht. Die Mauer war nach über 28 Jahren gefallen.