Münsterlandzeitung, 99-01-08
Ahaus/Kreis (gro) - Dahinter steckt mehr als nur ein Namenswechsel: Die Kaufmännischen Schulen werden ihr Profil in Zukunft beträchtlich verändern, prophezeit Schulleiter Wolfgang Reinert. Bessere Qualifikation und Motivation sind das Ziel des neuen Berufskollegs, größere Vielfalt und Flexibilität der Weg.
"Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung Ahaus" - so lautet der vollständige neue Name, den Schulkonferenz und Kreistag den bisherigen Kaufmännischen Schulen gegeben haben. Das Berufskolleggesetz des Landes hat hierfür die Voraussetzungen geschaffen. So wurden im Dezember auch die Technischen Schulen und die Lise-Meitner-Schule in ein Berufskolleg umgewandelt (Münsterland Zeitung berichtete).
Zu den wichtigsten Neuerungen, so erklärt Wolfgang Reinert, gehöre eine veränderte Unterrichtsstruktur, die im Berufskolleg durchweg dreigegliedert ist: in berufsbezogene, berufsübergreifende und differenzierte Unterrichtsbereiche. Diese neue Gliederung lasse ein vorher nicht gekanntes Maß an flexiblem Kursunterricht zu. Bausteinartig könnten die Elemente so zusammengefügt werden, daß individuelle Interessen und Fähigkeiten besser berücksichtigt werden könnten. Die Neuregelung basiere auf einer Einigung der Kultusministerkonferenz, so daß die Abschlüsse bundesweit anerkannt seien.
Als einen wesentlichen Vorteil des neuen Berufskollegs hebt Reinert die Möglichkeit des verbesserten Austausches mit dem Berufskolleg für Technik und dem Berufskolleg Lise Meitner hervor. Reinert: "Bislang war es nicht möglich, beispielsweise einen schulübergreifenden Englischkurs anzubieten. Für die Berufskollegs ist dies aber ohne weiteres möglich." Von großer Bedeutung sei weiterhin, daß das Berufskolleg nicht so eng an langfristige Lehrpläne gebunden sei, sondern schneller auf sich verändernde Anforderungen aus der Berufswelt reagieren könne.
Das Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung zählt zur Zeit 1350 Berufsschüler in 13 berufsbegleitenden Bildungsgängen, 750 Schüler in den Vollzeitbildungsgängen der Gymnasialen Oberstufe, der Höheren Handelsschule und der Handelsschule sowie 80 Studierende an der Fachschule für Wirtschaft.
Ahaus/Kreis - Nach ihrer Umwandlung in das "Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung Ahaus" eröffnen sich für die vormaligen Kaufmännischen Schulen neue Entwicklungsmöglichkeiten, die zum Teil bereits im Vorgriff genutzt wurden. So ist in der Berufsschule vor zwei Jahren damit begonnen worden, in vier von 13 Ausbildungsgängen in Abstimmung mit der Wirtschaft ein differenziertes und verpflichtendes Fremdsprachenangebot zu installieren, das jetzt noch weiter ausgebaut wird.
Innerhalb der diesjährigen Höheren Berufsfachschule Wirtschaft und Verwaltung mit gymnasialer Oberstufe, die im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Berufskolleggesetzes neu gefaßt wird, werden Überlegungen angestellt, besonders leistungsfähigen Schülerinnen und Schülern parallel ab der Jahrgangsstufe 12 eine Assistentenausbildung als Doppelqualifikation zu ermöglichen, die im Anschluß an den Erwerb der allgemeinen Hochschulreife jeweils nur sechs Monate später zum staatlichen Abschluß eines Fremdsprachenkorrespondenten oder eines kaufmännischen Assistenten führt.
Die bisher bekannte Schwerpunktausbildung in der zweijährigen Höheren Handelsschule in einen betriebswirtschaftlichen und bürowirtschaftlichen Zweig sieht die Ausbildungs- und Prüfungsordnung für das Berufskolleg demnächst nicht mehr vor. Im Rahmen eines hohen Stundenmaßes differenzierten Unterrichts wird es möglich, das besondere Profil dieses Bildungsganges weiter aufzufächern und innerhalb eines komplexen Kurssystems die individuellen Bedürfnisse der Schülerschaft stärker zu berücksichtigen. Der lernfeldbezogene Unterricht in den Lernbüros und der Fremdsprachenunterricht werden dabei eine neue und veränderte Gewichtung erfahren.
Die zweijährige Handelsschule wird in ihrer jetzigen Form möglicherweise gesplittet. Es werden zur Zeit Überlegungen angestellt, in den nächsten Jahren die Jahrgangsstufe 11 als Berufsgrundschuljahr vorzuschalten und daneben eventuell ein Berufsvorbereitungsjahr für solche Schülerinnen und Schüler einzurichten, die einen erhöhten Förderbedarf haben. Die von der neuen Ausbildungs- und Prüfungsordnung vorgesehenen Betriebspraktika in allen berufsfachschulischen Bildungsgängen sind im Bildungsgangkonzept der Handelsschule seit einigen Jahren mit Erfolg als regionaler Schulversuch integriert und erfahren durch die Entwicklung eine Bestätigung.
Die Möglichkeit, auf die bisherige Klasse 12 der Fachoberschule eine Klasse 13 aufzusetzen, um nach der allgemeinen Fachhochschulreife die allgemeine Hochschulreife zu erwerben, eröffnet weitere Perspektiven.
"Die Änderungsvorhaben werden nicht Hals über Kopf. realisiert, sondern sorgfältig und von langer Hand vorbereitet", versichert Schulleiter Wolfgang Reinert.
Auskünfte und Beratungen nach vorher vereinbarten Terminen gibt es im Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung, Ahaus, Kusenhook 4-8, Tel. 02561/42903.