Dass wir das vierwöchige Praktikum in Dublin wirklich antreten durften, haben wir erst realisiert als wir im Flugzeug saßen. Vor uns lagen Wochen voller Planung, Verschiebung und Ungewissheit, sodass die Vorfreude erst so richtig kam, als wir schon gelandet waren. [English version] [Den Bericht von Julia finden Sie HIER.]
Aufgrund der weltweiten Corona-Pandemie durften wir, Jule, Julia, Henrike und ich, das Praktikum, welches zuerst wie gewöhnlich in den Sommerferien stattfindet, nicht antreten. Umso mehr freuten wir uns, als wir die Möglichkeit bekamen, dies in den Herbstferien nachzuholen. So vergingen die Wochen vor dem Antritt des Praktikums wie der gewöhnliche Schulalltag. Die Stimmung wollte auch erst nicht so recht aufkommen, da wir zuvor noch einige Klausuren schreiben mussten, sodass wir auch nicht am letzten Freitag in der Schule realisieren konnten, dass wir in wenigen Stunden mehrere Hunderte Kilometer entfernt von Zuhause sein werden.
Am Flughafen merkten wir schnell, dass wir nun auf uns alleingestellt sind. Ein letztes Mal umdrehen zu den winkenden Eltern, und dann hieß es: alleine durchschlagen. Ich muss zugeben, ich war froh, dass die anderen drei Mädchen an meiner Seite waren. Denn ich merkte schnell, dass jeder seine Stärken hatte, die nützlich sind, um die aufkommenden Aufgaben zu bewältigen.
Doch so lang hielt unsere Gruppenreise nicht an. Nachdem wir vom Flughafen von einem Mitarbeiter der Organisation abgeholt wurden, ging es für uns zu unseren Gastfamilien.
Während Henrike und Julia im Süd-Westen lebten, wohnten Jule und ich in Nord-Osten von Dublin, in Clonsilla. Zugegeben, ich war nicht begeistert, in Gastfamilien zu wohnen, dazu kam noch dass die Häuser in Dublin sehr klein und alt sind, und mindestens in doppelter Ausführung existierten. Aber meine Einstellung änderte sich schnell als ich Marian und Tommy begegnete, unser Eltern für die nächsten vier Wochen.
Die Beschreibung, welche wir im Vorfeld von der Organisation bekommen haben, umschrieb nicht annähernd welche Liebe und Fürsorge von Marian und Tommy ausging. Beide sind schon etwas älter, steckten aber umso mehr voller Energie für die Sachen, die sie liebten.
Sie waren auch diejenigen, die uns geraten haben unseren Praktikumsplatz zu wechseln, als wir, Jule und ich, ihnen nach den erste Woche berichteten, dass wir unzufrieden mit unsere Arbeit waren.
Nachdem wir mit unsere Ansprechpartnerin Kontakt aufgenommen haben, organisierten sie für Jule und mich einen neuen Praktikumsplatz, welcher wir schon in der zweiten Woche antreten durften.
Es war eine Salatbar, eine Art schnell Imbiss für gesundes Essen, wo wir nun arbeiten sollten. Wir hatte einen Stelle bei der gleichen Kette, nur in unterschiedlichen Stadtteilen. Jule arbeitete in der Süd-Seite, auf der Grafton Street, der Luxus-Shopping-Straße in der Nähe des Trinity College. Ich hingegen durfte im Hauptgeschäft im Nordwesten, im Stadtteil Fairview, arbeiten.
Da es vorhergesehen war, dass wir so nah wie möglich an unseren eigentlichen Praktikumsplatz wohnen, mussten wir nun bei unserer neuen Stelle eine längere Reise zur Arbeit auf uns nehmen.
Wie auch zuvor nahmen wir die Buslinie, welche nicht nur jede 500 Meter eine Haltestelle hatte und zur jeder Tageszeit im 5-Minuten-Takt fuhr, sondern unsere treue Verbindung während unseres gesamten Aufenthaltsdauer war.
Wie zuvor stieg ich am Bachlor’s Walk, mitten im Zentrum, aus, während Jule noch ein paar Haltestellen länger im Bus sitzen bleiben musste. Meine Reise endete dort aber nicht, denn ich musste noch einen zweiten Bus nehmen, der mich Richtung Industriehafen brachte. Ein kurzer Fußweg und eine ebenso kurze Busfahrt später, war ich an meinen Arbeitsplatz angekommen, wenn auch oftmals mit Verspätung, welche die Irländer aber in allgemeinen sehr locker entgegensehen.
Zugegeben, die eigentliche Arbeit während des Praktikums entsprach überhaupt nicht meinen Vorstellungen. Ich war ziemlich enttäuscht und frustriert die ersten Tage lang. Das änderte sich in der dritten Woche, als eine weitere Praktikantin aus Tschechischen mir bei meiner Arbeit unterstütze, welche hauptsächlich daraus bestand, Gemüse zu schneiden und den Abwasch zu tätigen. Aber alles was die Arbeit unerträglich machte, glichen die Mitarbeiter aus.
Ich wurde von jeden herzlich aufgenommen und schnell redeten sie mit mir, als wäre ich ein langjähriger Freund von ihnen. Zudem merkte ich schnell, dass fast niemand ein Ire war.
Außer zwei irische Studenten, gab es einen Studenten mit afrikanischen, und einen mit indischen Wurzeln. Die Leiterin in der Hauptstelle kommt ursprünglich aus Russland, weitere Mitarbeiter kamen aus Polen, Brasilien, Italien und Spanien.
Es war immer gute Stimmung untereinander: während der Arbeit wurde gesungen, laut Musik gehört, dazu getanzt, ich lernte Wörter auf den verschieden Sprachen, erfuhr über die Probleme, welche die Menschen in Dublin haben und gab auch Deutschunterricht und klärte über die deutsche Kultur auf.
Nach der Arbeit trafen wir uns alle oft in der Innenstadt. Wir gingen in verschieden Cafés, erkundenden die verschieden Straßen von Dublin, schlenderten durch die Läden oder hörten den typischen Straßenmusikern zu.
Natürlich sahen wir uns auch an den Wochenende typische Attraktionen an, wie den Phoenix Park, das Dublin Castle, das Trinity College mit der großen Bücherei und dem „book of kells“, machten einen Besuch in Galway, und auch der typische Besuch in einen traditionellen irischen Pub durfte nicht fehlen.
Am besten haben mir persönlich die Ausflüge an der Küste gefallen. Der Ort Howth war mein absolutes Highlight, wo wir bei strahlenden Sonnenschein, was übrigens sehr selten für Dublin ist, am Peer entlang liefen, auf dem lokalen Markt schlenderten und bei einem Kaffee mit Blick auf das blaue, weite Meer den wunderschönen Tag genossen.
Neben Howth waren wir auch in andere Küstenorte wie Bray und Greystones. Dank unserer Travelcard, die in unseren Programm mit einbegriffen war, konnten wir mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln, egal ob Bus, Tram oder DART, fahren die uns verlässlich zu jedes Ziel brachten.
Dublin fühlte sich schnell an, wie ein zweites Zuhause. Nicht nur wegen der familiären Stimmung auf der Arbeit und der wohlwollenden und herzlichen Gastfreundschaft von Marian und Tommy, sondern auch weil wir untereinander, Henrike, Julia, Jule und ich, eine enge Beziehung aufgebaut haben. Obwohl ich auch froh war, als wir wieder auf dem Heimweg Richtung Deutschland waren, überkamen mich erst die ganzen Gefühle während des Fluges, als ich realisierte, dass diese Zeit nun vorüber ist.
Vor der Reise waren wir vier Mädchen nichts weiter als Klassenkameraden, aber der Aufenthalt in Dublin schweißte uns, trotz völlig unterschiedlichen Persönlichkeiten, zusammen. Wir lernten die Macken, Vorlieben aber auch die Eigenschaften des anderen zu schätzen und zu lieben, sodass wir, finde ich, eine tiefere Beziehung als eine Freundschaft aufgebaut haben. In dieser kurzen Zeit sind die drei für mich meine „Irland-Familie“ geworden, und ich hätte mir keine bessere Begleitung wünschen können, als Henrike, Julia und Jule, weil sie jeder eine bedeutende Freundin für mich geworden sind.
Während der Arbeit im Praktikum konnte ich vielleicht keine Erfahrungen sammeln, die für meine zukünftige Arbeit von Bedeutung werden kann, aber dennoch habe ich viel wichtiger Sachen erlernt.
Durch die anregenden Unterhaltungen zwischen den Mitarbeitern und mich, überwand ich nicht nur meine Hemmschwelle, auf fremde Menschen zu zugehen, sondern mir viel es von Tag zu Tag leichter mich auf Englisch auszudrücken und auch tiefgründigere Konversation zu führen. Nebenbei hatte ich einen kulturellen Austausch durch die Erzählungen einzelner Personen während der Arbeit, die sowohl kritische Themen wie Politik oder Regierung beinhalteten als auch Traditionen und die Beseitigung von stereotypischen Denken.
Zusammenfassend kann ich von mir selber sagen, dass mich die Zeit in Dublin, zu einen völlig neuen Menschen gemacht hat.
Man hört oft von Menschen die länger im Ausland waren, dass so ein Erlebnis eine Persönlichkeitsveränderung mit sich bringt, was ich nur unterstreichen kann. Damit sind nicht nur ausschließlich die sozialen Kompetenzen wie der sprachliche Ausdruck, kulturelles Verständnis, die Fähigkeit, menschliche Beziehungen auszubauen und die mentalen Fähigkeiten, wie Problembewältigung und Selbstdisziplin gemeint, sondern vielmehr die Persönlichenmerkmale.
Bei mir selber merke, dass mein Selbstvertrauen sich sehr gesteigert hat. Allein das zugehen auf fremde Menschen und dann noch mit ihnen auf eine fremde Sprache zu sprechen erfordert ein grundlegendes Vertrauen in sich selber welches sich mit zunehmender Zeit stetig ausbaut.
Ich habe zudem gelernt, sehr schnell Verantwortung zu übernehmen, was nicht ausbleibt, wenn man alleine ohne Eltern im Ausland lebt und seine Ziele erreichen viel, was wiederum mit meinen hohen Ehrgeiz verbunden ist.
Da andere Kulturen auch andere Regeln, Sitten und Umgangsformen haben, musste ich lernen flexible zu sein. Dazu kam noch, das kein Tag den anderen glich, und ich nicht nur flexibler sondern vor allem auch spontaner in meinen Handlungen wurde.
Mein Fazit zu meinen vierwöchigen Praktikum in Irland ist, dass mich diese Zeit zur einer reiferen und erwachsener Person gemacht hat und ich diese Erfahrungen nur jeden ans Herz legen kann, der genauso wie ich neugierig und offen gegenüber fremder Menschen und anderen Kulturen ist und wenigstens etwas Abenteuerlust in sich trägt.
Ich möchte die Zeit in Dublin nicht missen.
Lara Bukelo (12D)
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